Wenn die Müdigkeit zur Erschöpfung wird

Immer mehr Menschen leiden unter einer Müdigkeit, die über das ‘normale’ Maß hinausgeht. Viele fühlen sich ausgelaugt, körperlich und geistig müde – sie sind erschöpft bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Bis wann ist Müdigkeit eigentlich harmlos und ab wann wird sie behandlungsbedürftig?

Abgrenzung zwischen Müdigkeit und Erschöpfung

Müdigkeit ist zunächst einmal ein natürliches Signal des Körpers, um uns zu zeigen, dass wir eine Ruhephase mit ausreichendem Schlaf benötigen, damit sich die Zellen und Organe wieder erholen und regenerieren. Zwar ruhen diese nachts nicht komplett, aber sie senken ihre Leistung ab, damit am Tag das Gehirn, das Herz- Kreislauf-System und der Verdauungstrakt wieder voll funktions- und leistungsfähig sind. Typische Zeichen einer ‘normalen’ Müdigkeit sind Gähnen, geringere körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, verlangsamte Reaktionsfähigkeit bis hin zum kurzen Einnicken.

Die Erschöpfung hingegen geht erst aus einer anhaltenden Müdigkeit über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten hervor und schreitet meist schleichend voran. Erste Anzeichen sind eine ständige Antriebslosigkeit oder auch Unlust, verringerte körperliche und/oder geistige Leistungsfähigkeit und eine eingeschränkte Konzentration. Im weiteren Verlauf entstehen Schlafprobleme, die Reizbarkeit steigt, die Libido sinkt, auch Schmerzen, Gehirnnebel und Depressionen begleiten die Betroffenen vermehrt. Das Infektionsrisiko steigt an. Der Leidensdruck ist oft enorm.

Ursachenermittlung

Eine über Monate zunehmende und belastende Müdigkeit kann auf dem Nährboden von vielen Faktoren entstehen. Es gab selten so ein großes Stressgeschehen wie in den letzten Jahren: die gesellschaftliche Entwicklung mit der ständigen Erreichbarkeit, dem Leistungs- und Zeitdruck sowie all den negativen Medienmitteilungen. Zudem können Existenzängste, ein verschobener Tag-Nacht-Rhythmus, Bewegungsmangel, ungesundes Essverhalten, aber auch Viren, Bakterien, Parasiten oder Giftstoffe den Organismus an seine Grenzen bringen. Wenn solche Belastungssituationen vom Betroffenen nicht mehr ausgeglichen werden können, entsteht eine Dysbalance im Körper. Und dieser chronische Stress steuert den Körper langsam, aber sicher in den Erschöpfungszustand hinein. Meist führt das dann zu einer Fehlfunktion des Immun-, Hormon- und/oder Nervensystems. Auch Wohlstandserkrankungen wie Adipositas, Diabetes mellitus, metabolisches Syndrom, Schilddrüsenerkrankungen, Hirnleistungsstörungen wie Alzheimer oder Demenz und Mineral- oder Vitalstoffdefizite können zu ausgeprägten Erschöpfungssymptomatiken führen.

Eine weitere mögliche Ursache von Erschöpfungszuständen können chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sein. Sie vermindern die Vitamin- und Nährstoffaufnahme im Dünndarm und schwächen so das gesamte Immunabwehrsystem, da sich hier die größte Ansammlung von Immunzellen befindet. Die zentrale Aufgabe des darmassoziierten Immunsystems (GALT) ist es, krankmachende Erreger abzuwehren. Eine gesunde Darmmikrobiota sorgt für ein starkes Immunabwehrsystem, welches wiederum (stille) Entzündungen im Körper senken kann und dies die mitochondriale Funktion in der Zelle stützt. Stress in der Zelle bedeutet jedoch Energiereserven aufzubrauchen und bringt Aufruhr im gesamten Organismus. Ist diese Immunmodulation nicht gegeben, ist der Mensch empfänglich für Erkrankungen und viele postinfektiöse Geschehnisse wie z. B. beim Pfeifferschen Drüsenfieber (EBV), Post-Covid- Syndrom oder dem Chronic Fatigue Syndrom (CFS).

Um chronische Erschöpfung richtig behandeln zu können, sollte zunächst abgeklärt werden, welche Ursachen in Frage kommen könnten. Dazu können Blutuntersuchungen ausgewertet, ein Ernährungs- und Schlafprotokoll erstellt und je nach Symptomatik auch weitere schulmedizinische Abklärungen erforderlich werden. So kann zum Beispiel eine Stuhluntersuchung mit dem Fokus auf die Darmflora sinnvoll sein.

Präventive Aspekte

Wer sich oft müde und schlapp fühlt, sollte zunächst präventive Strategien anwenden, um die Situation zu verbessern oder zumindest das Risiko zu vermindern, dass der Erschöpfungszustand sich verfestigt. Wichtig ist zum Beispiel, eine adäquate Trinkmenge, eine ausgewogene, regionale, saisonale Ernährung ohne Zusatzstoffe, um eine optimale Mikronährstoffversorgung zu gewährleisten sowie eine moderate körperliche Aktivität zur Förderung der Zellatmung. Entspannungstechniken können helfen, dem Zellstress entgegenzuwirken. Und besonders wichtig ist natürlich die Schlafhygiene zu beachten, d. h. genügend zu schlafen und vor allem den Tag-Nacht-Rhythmus einzuhalten.

Mögliche Therapien

Abhängig von den möglichen Ursachen sollte mit einem Therapeuten ein individuell angepasstes Konzept entwickelt werden, das die Aspekte Ernährung, Trinkverhalten, Bewegung und Schlafhygiene berücksichtigt. Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist ein ausgeglichenes Darmmikrobiom. Hier sollte die Darmflora im Rahmen einer Darmsanierung mit Ballaststoffen und hochwertigen Probiotika (wieder) ins Gleichgewicht gebracht werden. Zu empfehlen sind Präparate, bei denen verschiedene Milchsäurebakterienstämme (Lactobazillen und Bifidusbakterien) in hoher Dosierung (ca. 140 Milliarden/Tag) vorliegen. Auch ein Nährstoffdefizit, d. h. ein Vitamin-, Mineralstoff- oder Spurenelemente-Mangel, sollte über hochwertige Vitalstoffpräparate aufgefüllt werden. Hier eignet sich besonders die Gabe von Enzym-Hefezellen, weil diese sehr gut bioverfügbar sind und die notwendigen Baustoffe zum Aufbau und zur Regeneration der mitochondrialen Funktion der Zelle liefern können. Nur durch ein wirkungsvolles Aufbau- und Kräftigungsmittel kann das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit wieder verbessert werden und die Zellen vor weiterem Stressgeschehen geschützt werden. An pflanzlichen Wirkstoffen sind der stressmildernde Schlafbeerenwurzelextrakt (Ashwagandha) oder theaninhaltiger Grünteeextrakt zu empfehlen. Kommen bei Erschöpfungszuständen noch depressive Verstimmungen hinzu, können Extrakte mit Safran und Rhodiola ergänzt werden.


Autorin: Karin Muff
Zuerst erschienen auf Reformleben.de am 01.01.2023

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